Wenn im Frühling wieder Bienen und Schmetterlinge durch die Gärten surren, scheint das Insektensterben weit weg zu sein. Doch laut der Roten Liste sind über 40% aller Wildbienenarten vom Aussterben bedroht. Unter anderem fehlt passender Lebensraum für die kleinen Sechsbeiner. Im Projekt UrbanInsects der Universität Stuttgart wird deshalb untersucht, inwieweit Behausungen für Insekten an Gebäuden zum Erhalt der Vielfalt beitragen können. Der Fachausdruck hierfür lautet „fassadenintegrierte Habitat-Systeme“. Drei dieser Habitat-Systeme sind nun in einem Feldversuch in Wohngebäuden der Stuttgarter Urbanstraße eingebaut worden.
Neben der Annahme durch Wildbienen und andere Insekten interessieren die Forschenden die Meinungen und Ansichten der Bewohnenden. Im Rahmen eines Infotages kamen diese beiden Gruppen nun ins Gespräch. Im grünen Hinterhof tauschte man sich über Sinn und Zweck der Behausungen sowie die Erwartungen der Bewohnenden aus. Daniela Schätzel vom Institut für Akustik und Bauphysik (IABP) gab anhand von Infopostern einen Einblick in den Insektenschwund und erläuterte die Funktionsweise der Behausungen. Diese dienen den Sechsbeinern nicht nur als Nistplatz, sondern können auch zur Überwinterung genutzt werden. Dabei betont Schätzel den Gedanken hinter der Maßnahme: "Die Habitate in der Fassade sind natürlich kein vollwertiger Ersatz für natürliche Lebensräume, können aber im bebauten Raum eine sinnvolle Ergänzung darstellen". Zusätzlich hatte Biologie-Student Felix Hemminger von der Universität Hohenheim einen Schaukasten mit präparierten Wildbienenarten wie zum Beispiel Hummeln mitgebracht. Die Teilnehmenden zeigten großes Interesse an den Fluginsekten und ließen sich von ihm unter anderem erklären, dass die überwiegenden Wildbienenarten solitär, also nicht als Staat, leben. Die Organisation in Staaten wie bei den Honigbienen spiele deshalb eine untergeordnete Rolle. Außerdem hatten Yvonne Zahumensky und Michael Ruddat vom Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung (ZIRIUS) der Universität Stuttgart mit ihrer Expertise im Bereich Bürgerbeteiligung ein offenes Ohr für die Fragen und Anregungen der Bewohnenden. „Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, dass Insekten nicht immer auf Gegenliebe stoßen. Insofern ist es besonders wichtig, den Umfang solcher Maßnahmen transparent zu kommunizieren und auf die Bedenken der Menschen einzugehen. Das ist dann unsere Rolle im Projekt“, erläutert der Soziologe Ruddat.
Den Sommer über sollen nun in der Urbanstraße zum einen Daten zum Vorkommen der einzelnen Insektenarten gesammelt sowie zum anderen die Bewohnenden zu ihren Erfahrungen mit den Behausungen befragt werden. Insgesamt erhoffen sich die Forschenden dadurch praxisnahe Erkenntnisse zu dieser neuen Form des Schutzes der biologischen Vielfalt in der Stadt.
Hintergrundinformationen
Das Projekt UrbanInsects (Langtitel: UrbanInsects: Fassadenintegrierte Habitat-Systeme für Insekten) wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Das BfN und das BMUV fördern im Bundesprogramm Biologische Vielfalt aktuell viele weitere Projekte, die Maßnahmen für ökologische Stadtnatur umsetzen.
Mit dem Förderschwerpunkt Stadtnatur im Bundesprogramm Biologische Vielfalt wird eine zentrale Maßnahme des Masterplans Stadtnatur umgesetzt, den die Bundesregierung 2019 als Maßnahmenprogramm für lebendige und attraktive Städte verabschiedet hat. Ziel ist es, den Anteil an naturnahen, arten- und strukturreichen Grün- und Freiflächen im Siedlungsbereich durch ein ökologisches Grünflächenmanagement zu erhöhen und die biodiversitätsfördernde Durchgrünung von Städten und Gemeinden zu verbessern.
Weitere Informationen zu UrbanInsects können auf der offiziellen Projekthomepage abgerufen werden: https://www.iabp.uni-stuttgart.de/urbi
Kontakt UrbanInsects Koordination:
Daniela Schätzel
Institut für Akustik und Bauphysik
Pfaffenwaldring 7
70569 Stuttgart
Telefon: +49 711 685 65629
Email: daniela.schaetzel@iabp.uni-stuttgart.de