Ein Praxisbeirat, der mit Vertreter:innen aus Verbänden, Unternehmen und der Finanzwelt besetzt ist, flankiert das Projekt. Dieser unterstützt die Forschungspartner bei der Formulierung ergänzender Forschungsfragen und mit der kritischen Kommentierung von (Zwischen-)Ergebnissen.
Beim 2. Praxisbeiratstreffen, das am 8. November 2024 als Hybridveranstaltung im Berliner DLR-Büro stattfand, wurden die im Projekt erhobenen Daten eines Online-Surveys zum Investitionsverhalten im Stromsektor unterschiedlicher Akteurstypen vorgestellt und diskutiert. Zehn Vertreter:innen des Beirats halfen mit wertvollen Nachfragen und Anregungen und bestätigten im Wesentlichen anhand Beispielen aus ihrem Berufsalltag die Ergebnisse.
Da der Rücklauf der Befragung mit n = 103 Teilnehmenden geringer als erwartet gewesen war und nur 43 der (sehr umfassenden) Fragebögen vollständig ausgefüllt wurden, waren die ergänzenden Einschätzungen der Ergebnisse durch den Beirat für das Projekt sehr wertvoll.
Am Survey hatte eine große Bandbreite an Akteurstypen teilgenommen, wobei kommunale/regionale Energieversorgungsunternehmen und Projektierer besonders stark vertreten waren (s. Abbildung 1). Die von den Teilnehmenden meistgenannten Kerngeschäftstechnologien waren Wind Onshore und PV-Dachanlagen. Als zentrale Motivationen für Investitionsentscheidungen kristallisierten sich Gewinnerzielung, die Generierung langjähriger Erträge, der Beitrag zur sozial-ökologischen Transformation sowie die Erwartungshaltung der Kund:innen und Anteilseigner heraus, wobei es je nach Akteurstyp signifikante Unterschiede in der Gewichtung gab. Für Bürgerenergiegenossenschaften spielen zudem die regionale Wertschöpfung und Partizipationsmöglichkeiten für Bürger eine große Rolle. Bei Industrie und GHD zeigt sich eine ganz andere Motivationslage: neben der Gewinnerzielung ist dieser Akteurstyp v.a. von der Eigenverbrauchsoptimierung und der Reduktion von Strombezugskosten getrieben. Bei den betriebswirtschaftlichen Kenngrößen im Kerngeschäft wurden Kapitalwert, Gesamt- und Eigenkapitalrentabilität sowie der interne Zinsfuß als zentral identifiziert. Die Amortisationsdaueranforderung liegt überwiegend zwischen 10 und 20 Jahren, laut Beirat sei sogar eine etwas kürzere Dauer realistisch, insbesondere, was die Refinanzierung des Eigenkapitaleinsatzes angeht. Die Verzinsungsansprüche in Bezug auf die Gesamtkapitalrentabilität waren eher niedrig (meist genannt war unter 5 %), beim Verzinsungsanspruch an die Eigenkapitalrentabilität konzentrierten sich die Werte bei 5 – 10 %. Als Gründe hierfür wurden beim Beiratstreffen der Einfluss des regulatorischen Rahmens in Deutschland diskutiert. Die Risikosicherung durch das EEG sowie die langjährige Erfahrung und die hohe Wettbewerbsintensität, vor allem bei der Freiflächen-PV, wurden als Gründe angeführt. Neben den skizzierten Entscheidungsfaktoren für Investitionen war in der Umfrage auch nach dem konkreten Ablauf der Entscheidungsprozesse gefragt worden, etwa im Umgang mit Unsicherheiten und der Rolle, die interne und externe Prognosen spielen. Am häufigsten werden Strompreisprognosen herangezogen bzw. zugekauft. Für die Wirtschaftlichkeitsberechnung werden laut Umfrage mit großer Mehrheit mindestens zwei Szenarien herangezogen, oftmals sogar mehr. Der Beirat bestätigte diese Ergebnisse, auch für Bürgerenergiegenossenschaften, die immer professioneller würden und ebenfalls zunehmend externe Prognosen einkauften. Allerdings sei bei Bürgerenergiegenossenschaften eine starke Heterogenität zu konstatieren.
Zentrale Ergebnisse aus dem Treffen und der zugrunde liegenden quantitativen Onlineumfrage waren u.a. die Erkenntnis, dass sich die Vielzahl der Akteure mit relativ geringen Renditen zufrieden geben und dass unklare regulatorische und politische Rahmenbedingungen die größten Unsicherheitsfaktoren bei Investitionsentscheidungen darstellen und Rendite- sowie Eigenkapitalanforderungen treiben können.
Auf Basis dieser Zwischenergebnisse im Projekt InvestAgent wird ZIRIUS in den nächsten Monaten leitfadengestützte Interviews durchführen und das DLR das agentenbasierte Strommarktmodell AMIRIS um eine realitätsnahe Abbildung von Investitionsentscheidungen in erneuerbare Erzeugung und flexible Ausgleichskapazitäten erweitern.